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Atopiedas Barriereproblem

Atopie ist definiert als anlagebedingte Neigung die Erkrankungen atopische Dermatitis (AD, atopisches Ekzem, Neurodermitis), Rhinoconjunctivitis allergica (RCA, Heuschnupfen, Pollinosis) und allergisches Asthma (AA) zu entwickeln.

Für alle 3 Erkrankungen hat sich in den letzten Jahren herausgestellt, dass es sich um ein grundlegendes Barriere-Problem handelt. Bei der AD wurden schon lange Eiweißdefekte vermutet, die zu einer Fehlfunktion der sog. epidermalen Differenzierung (epidermal differentiation complex, EDC) führen, d.h. der Ausbildung eines widerstandsfähigen Schutzwalles, der die Haut und damit den gesamten Organismus vor den Einflüssen unserer Umwelt schützt.

Ein sehr bedeutsamer Schritt war der Nachweis, dass eines der EDC Eiweiße, Filaggrin, tatsächlich zumindest bei einem großen Teil der AD Patienten nicht richtig funktioniert. Da es sich bei der AD um eine sehr komplexe Erkrankung handelt, die viele unterschiedliche Gesichter hat, werden in den nächsten Jahren sehr wahrscheinlich weitere Eiweißfehlfunktionen nachgewiesen werden.

Die Folge der gestörten Barriere ist dramatisch: sowohl Infektionserreger als auch Fremd-Eiweiße, Metallsalze oder chemische Substanzen können die Haut leichter durchdringen und führen so häufiger als bei haut Gesunden zu Schäden, wie Infektionen, Ekzemen und Allergien. Inwieweit zusätzliche Fehlfunktionen des Immunsystems und des vegetativen Nervensystems bei der AD bestehen ist noch nicht vollständig klar. Für den Patienten mit AD heißt das aber sowohl für Vorbeugung wie Therapie: Eine regelmäßige intensive Hautpflege ist die wichtigste Maßnahme um schlimme Folgen zu vermeiden. Wir können Sie hierzu eingehend beraten.

Auch beim Heuschnupfen und beim allergischen Asthma ist die Bedeutung einer guten „Abdichtung“ der Schleimhaut seit längerem bekannt. Hier sind insbesondere sog. „tight junction“ Eiweiße von Bedeutung. Ist die Schleimhaut nicht richtig dicht, können Pollen und andere Allergene leichter mit den beteiligten Immunzellen in Kontakt treten. Eine besondere Bedeutung haben hier die Hausstaubmilben. Sie besitzen Enzyme (Proteasen), die direkt die „tight junctions“ angreifen. Dies macht deutlich wie wichtig die Expositionsprophylaxe z. B. mit einem milbendichten Matratzenüberzug („encasing“) bei Patienten mit RCA und AA ist. Wir beraten Sie gerne.

Die Therapie der Neurodermitis

Die Behandlung chronisch entzündlicher Hauterkrankungen, wie der atopischen Dermatitis (AD) oder der Psoriasis vulgaris werden durch neue systemische Therapien grundlegend verändert. Bei der Psoriasis ist es bei inzwischen vier Generationen von biologischen Therapien fast ausnahmslos möglich Patienten ambulant zu behandeln. Auch für die zahlreichen Komorbiditäten gibt es entsprechende Optionen (siehe Onkoderm Behandlungspfad Psoriasis). Die mittelschwere bis schwere atopische Dermatitis profitiert sehr von mittlerweile 2 biologischen Therapien und 3 sog. Januskinaseinhibitoren; All diese 5 systemischen Therapieformen sind für die Langzeittherapie der Neurodermitis geeignet und zugelassen. Für nicht ganz so schwere Formen stehen außerdem Kurzzeit- und Intervalltherapien,insbesondere die Photosole-Therapie als Kassenleistung zur Verfügung. Dies hat eine enorme Verbesserung im Krankheitsmanagement ermöglicht. 

Entzündungshemmende Lokaltherapie: EILT

Im Alltag ist es immer wieder zeitraubend und schwer, den Patienten die korrekte und effiziente Anwendung von entzündungshemmenden Lokaltherapeutika zu erklären. Grundsätzlich sollte die entzündungshemmende (-inhibierende) Lokaltherapie (EILT) in 3 Phasen durchgeführt werden. In der Akutphase wird die Entzündungsreaktion zunächst entschlossen und kraftvoll mit topischen Kortikosteroiden (TCS) Klasse 2-4 unterbunden, damit Symptome wie Juckreiz, Brennen und Nässen schnell rückläufig sind und die Hautbarriere sich wieder schließen kann.  Sie sollte bei den ersten Symptomen eines Schubes begonnen werden („hit hard and early“) und nicht erst bei Vorliegen eines ausgeprägten Ekzems („im Notfall“).

Danach beginnt die Stabilisierungsphase, in der die Intensität der Behandlung langsam reduziert wird, sei es durch Reduktion der Wirkstärke oder durch Reduktion der Applikationsfrequenz. Hierbei ist auf einen weiterhin stabilen Hautbefund zu achten. Sollte es zu einem Wiederaufflammen des Ekzems kommen, beginnt erneut die Akutphase. Die Dauer und Form der Stabilisierungsphase muss individuell auf den Patienten abgestimmt sein. Generell sollte die Reduktion der Behandlungsintensität nicht zu früh erfolgen. Mit Reduktion der Wirkstoff-haltigen Externa, sollte die Basistherapie intensiviert werden. Generell kann von Patienten maximal eine 2-mal tägliche Applikation von Externa erwartet werden. Zu komplexe Therapieschemata sind der Adherence eher abträglich.

Das ursprünglich für Tacrolimus beschriebene „proaktive“ oder „intermittierende“ Therapieprinzip im Vergleich zur reaktiven Therapie verlängert die Rezidiv-freie Zeit, spart Medikamente ein und vermeidet insbesondere bei TCS die zu erwartenden Nebenwirkungen einer Langzeittherapie. Die Anwendung von Klasse III Steroiden scheint insgesamt wirksamer zu sein als die Anwendung von Tacrolimus, wenngleich die Langzeitsicherheit der untersuchten TCS (Fluticasonpropionat, Mometasonfuroat, Methylprednisolonaceponat und Betamethasonvalerat) nicht sicher belegt ist. Da direkte Vergleiche bislang nur zwischen Tacrolimus Salben und TCS Cremes vorliegen, kann bei fehlender Vehikelkontrolle der Effekt auf die epidermale Barriere ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden [6, 7].

Kurzen et al. AD Behandlungspfad Onkoderm 2020
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